Bohren in hochlegierten Stahl mit Minimalmengenkühlschmierung

Einleitung

Die Verwendung der Minimalmengenkühlschmierung beim Fräsen und Drehen von Aluminium- und Buntmetalllegierungen sowie von niedrig legierten Einsatz- und Werkzeugstählen entspricht bereits dem Stand der Technik. Gegenstand unserer Untersuchungen waren daher Bohrversuche in einem schwer zerspanbaren, hochlegierten Stahl im Rahmen des Teilprojektes „Bohren und Gewindeschneiden in Aluminiumgusslegierungen, Wälzlagerstahl und hochlegierte Stähle“ des BMBF-Projektes "Trockenzerspanung prismatischer Teile" mit dem Ziel, die derzeit in der Serienfertigung verwendete Kühlschmieremulsion durch eine äußere Minimalmengenkühlschmierung zu ersetzen (Bild 1). In Zusammenarbeit mit dem Institut für Werkzeugmaschinen der Universität Stuttgart und der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen wurden Minimalmengenkühlschmierstoffe (MMKS) nach dem „Baukasten-Prinzip“ (Auswahl einer geeigneten Grundkomponente; Optimierung durch Additivzusatz) entwickelt und für diesen Bohrprozess optimiert. Zur Beurteilung wurde das Standzeitverhalten von Hartmetallwendelbohrern mit TiAlN- und Movic- Beschichtung herangezogen.


Werkstoff

Der zu bearbeitende hochlegierte Stahl X90CrMoV18, Werkstoffnummer 1.4112, ist korrosionsbeständig, härtbar und für Teile mit höchster Verschleißfestigkeit geeignet. Seine maximale Zugfestigkeit Rm beträgt 900 N/mm2, die Legierungsbestandteile sind in Tabelle 1 aufgeführt.


Tabelle 1: Legierungsbestandteile des Versuchswerkstoffes

Element C Si Mn Cr Mo V P S
Gew. % 0,85 - 0,95 < 1,0 < 1,0 17 - 18 0,9 - 1,3 0,07 - 0,12 < 0,045 < 0,03

 

Werkzeug

Prinzipiell gehört das Bohren mit Minimalmengenschmierung, besonders wenn die Zufuhr des Schmierstoffes von außen erfolgt, zu den schwer zu realisierenden Bearbeitungen. Erfahrungen liegen hier in erster Linie im Bereich der NE-Metalle vor. Durch die ungleichmäßige Schnittgeschwindigkeit des Werkzeuges, die sich von den mit maximaler Geschwindigkeit drehenden Schneidenecken bis hin zu Null in der Bohrermitte reduziert, ergibt sich eine hohe Wärmebelastung der Schneidkanten, welche bei unzureichender Kühlung überhitzt werden können. Dies führt zu erhöhtem Verschleiß sowie zu einer plastischen Verformung der Schneiden und letztlich zum Verlust der Schneidfähigkeit. Die thermische Belastung des Werkzeuges im Versuch war mit beim Einsatz von MMKS deutlich höher als bei der Überflutungskühlschmierung mit KSS-Emulsion ( ). Auch neigte der Werkstoff aufgrund der mangelnden Kühlung verstärkt zur Aufbauschneidenbildung, der Spanbruch wurde durch die heißen und sehr verformungsfähigen Späne verschlechtert. Durch ungenügende Schmierung rieben die Führungsfasen des Bohrers an der Bohrungswand und unterlagen einem starken abrasivem Verschleiß sowie der Adhäsion der Werkstoffes. Die Späneabfuhr durch die Drallnuten des Bohrers wurde ebenfalls behindert [1]. Da die Werkzeuge bei der Zerspanung des Werkstoffes unter Verwendung der Minimalmengenkühlschmierung deutlich höheren Belastungen als bei der Überflutungskühlschmierung ausgesetzt waren, war es erforderlich, die verwendeten Bohrer hinsichtlich Geometrie, Substrat und Beschichtung zu optimieren. Die besten Standwegergebnisse konnten durch Verwendung eines TiAlN, TiAlN/MoS2 (Movic) – beschichteten Bohrers (DP 300 D 220 A der Firma Gühring) aus Feinstkornhartmetall mit einer angepassten Mikrogeometrie erzielt werden [2].


Minimalmengenkühlschmierstoffe

Die Aufgaben der konventionellen Kühlschmierstoffe bei der spanabhebenden Metallbearbeitung können folgendermaßen definiert werden:

  • Verringerung der Reibung zwischen Werkstück und Werkzeug, dadurchReduktion der Reibungswärme und damit Abnahme von Werkzeugverschleiß und Verbesserung der Oberflächenqualität am Werkstück.
  • Ableiten der durch Reibung und Verformungsarbeit des Spans entstehenden Wärme, somit Vermeidung von Werkstoffgefügeänderungen bzw. von Aufhärtungen sowie von Maßungenauigkeiten infolge der Wärmedehnung.
  • Abtransport der beim Bearbeitungsvorgang entstehenden Späne aus der Werkzeugeingriffszone, Freispülen der Werkzeuge, Vermeidung von Ansammlungen heißer Späne.
  • Schutz der Werkstücke, Werkzeuge und Anlagenteile vor Korrosion.

 

Minimalmengenkühlschmierstoffe können die beiden zuletzt genannten Anforderungen nicht erfüllen, die Aufnahme und Ableitung von Reibungswärme kann nur durch Verdampfung erfolgen. Sie müssen daher möglichst effektiv die Reibung verringern, also eine optimale Schmierwirkung aufweisen. Zur Ermittlung des am besten geeigneten Minimalmengenkühlschmierstoffes wurden sowohl nichtwassermischbare Produkte als auch Lösungen in Wasser getestet. Versuche am Institut für Werkzeugmaschinen Die vom Institut für Werkzeugmaschinen in Stuttgart entwickelte Versuchseinrichtung ermöglichte bei den gewählten Prozessparametern (Tabelle 2) die Erfassung der Axialkraft FZ, hier identisch mit der Vorschubkraft Ff, und des Drehmoments um die Bohrachse MZ, welches im Versuch dem Schnittmoment MC entspricht.


Tabelle 2: Prozessparameter der Bohrversuche am IfW

Werkstoff X90CrMoV18
Werkzeug Bohrer DP 300 d 220 A (Gühring), D = 8,5 mm
Vorschubgeschwindigkeit vf = 280 mm/min
Schnittgeschwindigkeit vc = 50 m/min
Bohrtiefe lf = 25 mm
MMKS-System microjet MKS-G260
MMKS-Menge Q = 20 mL/h


Zur Auswahl geeigneter Basisflüssigkeiten wurden erste Standzeitversuche mit folgenden natürlichen oder synthetischen Stoffen durchgeführt:

  • Kohlenwasserstoffe
  • Polyglykole
  • Carbonsäureester
  •  Kohlenwasserstoffe

 

Tabelle 3: Physikalische Daten der als MMKS geprüften Kohlenwasserstoffe

Produkt Dichte bei 15°C [g/cm3] kin. Viskosität b. 40°C [mm2/s] Flammpunkt PMCC [°C]: Typ:
OH 637 0,775 2,3 110 synth. n-Paraffingemisch
OH 638 0,867 18 195 Mineralöl
OH 639 0,880 100 230 Mineralöl
OH 715 0,841 106 240 PAO

 

Aus der Gruppe der Kohlenwasserstoffe kamen sowohl zwei Mineralölraffinate als auch zwei synthetische Produkte (synthetisches niedrigviskoses n-Paraffingemisch und Polyalphaolefin) mit unterschiedlichen Viskositäten zum Test (Tabelle 3).

Dabei zeigte sich, dass der Standweg der Bohrer unabhängig von Viskosität und Flammpunkt der getesteten Produkte deutlich geringer war als bei der Verwendung von Wasser als Kühlmittel bzw. beim Bohren ohne MMKS (Diagramm 1). Der mit Abstand höchste Standweg dieser Versuchsreihe wurde bei der Benetzung des Bohrers mit Wasser erreicht. Aufgrund der im Vergleich mit Mineralöl deutlich stärkeren Kühlwirkung des Wassers (Tabelle 4) wurde die thermische Belastung der Schneiden verringert, ihr Verschleiß schritt erkennbar langsamer fort.


Tabelle 4: Vergleich der kalorischen Größen von Mineralöl und Wasser

  Mineralöl Wasser
Spez. Wärmekapazität cp [J g-1 K-1] ca. 1,9 ca. 4,2
Wärmeleitfähigkeit _ [W mK-1] ca. 0,1 ca. 0,6
Verdampfungswärme r [J g-1] ca. 210 ca. 2300



Die Werte von Axialkraft und Schnittmoment bewegten sich bei den Kohlenwasserstoffen zu Anfang unter denen der Trockenbearbeitung, was auf eine gewisse Reibungsminderung durch die hydrodynamische Schmierwirkung des Ölfilms schließen lässt. Mit zunehmender Anzahl der Bohrungen kam es aber aufgrund der schlechten Kühlwirkung zu einer Temperatursteigerung des Werkzeugs auf ca. 300°C (Schätzwert nach Auswertung der Anlaß farben der Späne). Der Schmierfilm brach zusammen, Axialkraft und Schnittmoment stiegen sprunghaft bis zum Werkzeugbruch (Diagramm 2). Der Einfluss von Viskosität und Verdampfungsneigung der Kohlenwasserstoffe war dabei offensichtlich gering. Dies traf in gleicher Weise auf die synthetisch hergestellten Polyalphaolefine zu, ihre Vorteile hinsichtlich geringerer Verdunstungsneigung und günstigerem Viskositäts- Temperatur-Verhalten bewirkten keine Verlängerung des Standweges.

Aufgrund ihrer unpolaren Struktur ist die Affinität der Kohlenwasserstoffe zu Metalloberflächen gering. Sie besitzen daher nur mäßige Benetzungs- und Schmiereigenschaften und erscheinen als Basismedien für Minimalmengenkühlschmierstoffe, zumindest für die Zerspanung hochlegierter Stähle, wenig geeignet.


Polyglykole

Als weitere mögliche Basisflüssigkeit für MMKS wurde ein Polyglykol (OH 716) in den Test einbezogen. Polyglykole werden durch Polymerisation von Ethylen und/ oder Propylenoxid hergestellt und sind im Gegensatz zu Kohlenwasserstoffen bis auf wenige Ausnahmen gut wasserlöslich. Sie können daher auch als Basisflüssigkeiten für wasserlösliche Minimalmengenkühlschmierstoffe verwendet werden. Beim Bohrversuch wurde ein Standweg von 1,65 m (66 Bohrungen) erreicht.
Die Axialkraft verlief bis auf den Bereich von 0,5 bis 1,0 Meter, in dem eine beidseitige Aufbauschneide eine erhöhte Kraft in Vorschubrichtung verursachte, nahezu konstant. Beim Schnittmoment war ein leichter, stufenförmiger Anstieg bis ca. 1,5 m zu beobachten, danach stieg der Werkzeugverschleiß rapide bis hin zum Bohrerbruch an.

Zur Verbesserung der Kühlwirkung wurde das Polyglykol in einem weiteren Versuch mit einer geringen Menge Wasser versetzt (OH 749). Der Standweg wurde so auf 3,9 m (156 Bohrungen) erhöht, bei der Auswertung von Axialkraft und Schnittmoment war ein gleichmäßigerer Verlauf erkennbar, Sprünge im Kraft- und Momentverlauf, wie sie durch die Bildung von Aufbauschneiden verursacht werden, blieben aus (Diagramme 3 und 4). Dies zeigt, dass ein geringer Zusatz von Wasser aufgrund seines hohen Kühlvermögens einen erheblichen Einfluss auf das Verschleißverhalten des Werkzeuges hat, so dass hier mit Recht von Minimalmengenkühlschmierung gesprochen werden kann.

Carbonsäureester

Medien für die Minimalmengenkühlschmierung sind häufig auf der Basis von Carbonsäureestern aufgebaut. Diese können in synthetische Produkte und solche natürlichen Ursprungs (Pflanzenöle, tierische Fette) unterteilt werden. Ihre Affinität zu Metalloberflächen und damit ihre Schmierwirksamkeit ist, bedingt durch zwei oder mehr Sauerstoffatome im Molekül, deutlich höher als die der Kohlenwasserstoffe. Sie werden daher auch als Reibungsverringerer (Friction Modifier) in Kühlschmierstoffen verwendet. Carbonsäureester sind meist gut biologisch abbaubar, allerdings ist ihre Alterungsbeständigkeit weniger gut als die der Kohlenwasserstoffe und ihre Verträglichkeit mit Dichtungsmaterialien nicht immer gewährleistet.

Die Oxidationsstabilität von Schmierstoffen auf der Basis synthetischer Ester ist bei geeigneter Auswahl wesentlich besser als die der nativen Rohstoffe, da hier gesättigte Produkte von hohem Reinheitsgrad verfügbar sind. Die Stabilität gegen Hydrolyse (in Gegenwart von Wasser spaltet sich der Ester in Alkohol und Säure) kann durch die Verwendung sterisch gehinderter Ester gesteigert werden. Synthetische Ester liegen nach Umsetzung mit Ethylenoxid auch in wasserlöslicher Form vor. In die Bohrversuche am IfW wurden mit OH 231 ein nativer Ester (Diagramm 5) sowie der synthetischer Ester OH 717 mit annähernd gleicher Viskosität (Diagramm 6) einbezogen. Der Bohrerstandweg war bei Verwendung des synthetischen Esters mit 1,675 m (67 Bohrungen) geringfügig besser als beim Pflanzenöl mit 1,55 m (62 Bohrungen).

Weiterhin wurde ein ethoxylierter Ester, dem eine geringe Menge Wasser zugesetzt wurde (OH 750), getestet. Auch hier zeigte sich mit einer Standwegverlängerung auf 2,7 m (108 Bohrungen) der positive Effekt der zusätzlichen Kühlwirkung des Wassers.

Additive

Ohne weitere Zusätze waren die geprüften Basisflüssigkeiten nicht als echter Ersatz für eine Überflutung mit Kühlschmierstoff geeignet. Daher wurde in weiteren Versuchen angestrebt, die Eigenschaften der erprobten Basisflüssigkeiten durch Zusatz verschiedener Additive zu optimieren:
Verschleißschutzwirkstoffe (Anti-Wear-Additive) bilden durch Reaktion mit der Metalloberfläche plastisch deformierbare Schichten, welche den Verschleiß des Werkzeugs vermindern. Sie sind beispielsweise auf der Basis aminneutralisierter Phosphorsäurepartialester oder Alkyldithiophosphate aufgebaut.
Hochdruckwirkstoffe (Extreme-Pressure-Additive) bilden durch Reaktion mit Metalloberflächen Verbindungen mit geringerer Scherfestigkeit und verhindern so Mikroverschweißungen zwischen den Oberflächen bei hohen Drücken und Temperaturen [5]. Hier sind saure Phosphorsäureester, Polysulfide und Schwefelverbindungen auf Esterbasis gebräuchlich.
Oxidationsinhibitoren sind zumeist aromatische Amine oder sterisch gehinderte Phenole. Sie verhindern oxidationsbedingte Verharzungen und Säurebildung durch Eliminierung von Sauerstoffradikalen.
Korrosionsinhibitoren schützen Metalloberflächen mittels Filmbildung vor dem Angriff durch Säuren oder Sauerstoff, bilden eine Barriere gegen Wasser bzw. bewirken in wässrigen Systemen einen basischen pH-Wert. Alkali- bzw. Erdalkalisulfonate und Halbester der Bernsteinsäure können in nichtwassermischbaren, Verbindungen primärer und tertiärer Amine in wassermischbaren Minimalmengenkühlschmierstoffen eingesetzt werden.
Im folgenden wurde mit dem Produkt SPL ein handelsüblicher MMKS auf Esterbasis, enthaltend Phosphor- und Schwefelverbindungen als EP- und AW-Additive, getestet. Das Versuchsergebnis (Standweg 4,475 m; 179 Bohrungen) ist mit einem im Vergleich zu den Resultaten nichtadditivierter Ester nahezu verdreifachten Standweg wie auch durch den gleichmäßigeren Anstieg von Schnittmoment und Axialkraft ein Beleg für die Wirksamkeit dieser Zusätze (Diagramm 7).

Versuche bei der Robert Bosch GmbH

Die weiteren Untersuchungen zur Entwicklung des optimal geeigneten Minimalmengenschmierstoffes wurden unter praxisnahen Bedingungen im Zerspanungslabor der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen auf einer Deckel FP5- CC Fräsmaschine mit veränderten Prozessparametern (Vorschubgeschwindigkeit vf =224 mm/min, Schnittgeschwindigkeit vc = 40 m/min) durchgeführt. Vergleichende Versuche zeigten aber, daß die Ergebnisse vom IfW durchaus übertragbar waren. Schnittmoment und Axialkraft konnten unter den neuen Versuchsbedingungen nicht gemessen werden. Um einen Vergleich zwischen Überflutungs- und Minimalmengenkühlschmierung zu erhalten, wurde vor Beginn der MMKS-Untersuchungen ein Test mit einer 5 %igen Emulsion eines mineralölhaltigen EP-Kühlschmierstoffkonzentrates durchgeführt. Der Standweg der Emulsion war mit 15,275 m (611 Bohrungen) deutlich besser als die am IfW erhaltenen Ergebnisse. Die folgenden Testreihen wurden mit einem nativen Ester mit EP-Zusätzen (EPX), einem Polyglykol, welchem Wasser und ein AW-Additiv zugemischt wurden (OH 751) sowie einem synthetischen Ester mit Zusatz von Wasser und EP-Additiv (OH 752) durchgeführt [6]. Der Standweg des wassergemischten Kühlschmierstoffes in Umlaufkühlschmierung wurde aber nicht erreicht (Tabelle 5). Auch zeigte sich die Notwendigkeit der Zugabe von Verschleißschutzadditiven zu den MMKS, welche den Standweg bei Verwendung der Polyglykol-Wasser-Mischung erhöhten bzw. deren Abwesenheit zu einer Standwegreduktion führten (im Vergleich SPL / EPX). Der Zusatz von EP-Additiven hingegen bewirkte in dieser Versuchsreihe eher eine Verringerung des Bohrerstandweges (Vergleich OH 750 / OH 752).


Tabelle 5: Bohrversuche mit MMKS bei der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen

MMKS Standweg [m] Anzahl Bohrungen Chemischer Aufbau
EPX 0,45 18 nativer Ester mit EP-Zusätzen
OH 751 4,60 184 Polyglykol mit AW-Zusatz und Wasser
OH 752 0,975 39 synth. Ester mit EP-Zusatz und Wasser
OH 791 19,925 797 Lösung organischer Salze in Wasser
OH 794 20,225 809 Lösung organischer Salze, AW-Additive
OH 795 24,675 987 Lösung organischer Salze, AW- und EP-Additive

Da die bisher getesteten Minimalmengenschmierstoffe in ihrer Leistung nicht an die konventionelle Überflutungskühlung heranreichten, wurden neue MMKS auf der Basis wasserlöslicher organischer Salze getestet (Diagramm 8). Diese bewirkten durch ihren hohen Wassergehalt eine gute Kühlung des Werkzeuges, die nach Verdunstung des Wassers verbleibenden Salze bildeten auf dem Werkzeug einen reibungsverringernden Film mit hoher Haftfestigkeit. Durch den Zusatz wasserlöslicher AW-Additive (OH 794) konnte der Verschleiß der Bohrer weiter gesenkt werden, in Kombination mit einem EP-Additiv wurde letztlich ein Standweg von nahezu 1000 Bohrungen erreicht. Untersuchungen an Schmierstoffprüfmaschinen Parallel zu den Tests in den Zerspanungslaboratorien wurde das Verhalten der Minimalmengenkühlschmierstoffe auf den Schmierstoffprüfgeräten nach Brugger (DIN 51347 T2) und Reichert untersucht. Beide Methoden messen den Reibverschleiß, der beim Kontakt eines stationären Stahlkörpers mit einem rotierenden Stahlring entsteht, wobei der letztere entweder mit dem zu prüfenden Schmierstoff benetzt wird (Brugger) oder in eine mit dem Schmierstoff gefüllte Wanne eintaucht (Reichert). Die Ergebnisse der Prüfungen nach Brugger (Diagramm 9) und Reichert (Diagramm 10) zeigten die im Vergleich zu Kohlenwasserstoffen bessere Schmierwirkung der Polyglykole und Ester.

Auch stieg die Belastbarkeit der mit EP-Additiven versetzten Produkte deutlich an, die Zugabe von Verschleißschutzzusätzen hatte hingegen nur geringe Auswirkungen. Eine Korrelation mit den Resultaten der Bohrversuche war nur bedingt möglich, insbesondere war die Belastbarkeit der organischen Salzlösungen deutlich schlechter, als die Resultate beim Bohren erwarten ließen. Die Ursache für die abweichenden Ergebnisse ist neben den technologischen Unterschieden zwischen der Bohrbearbeitung und den Prüfmethoden auch in der mangelnden Berücksichtigung der Werkzeugbeschichtung zu suchen.

Zusammenfassung der Ergebnisse:

Im Rahmen der am Institut für Werkzeugmaschinen (IfW) und bei der Robert Bosch GmbH durchgeführten Bohrversuche in hochlegierten Edelstahl zeigte sich, dass die Werkzeugstandzeiten beim Einsatz konventionell aufgebauter MMKS auf der Basis von Mineralölen, Estern oder Polyglykolen nicht an die Ergebnisse einer Überflutungskühlung mit Kühlschmieremulsion heranreichten. Erst mit Hilfe neu entwickelter wässriger Lösungen organischer Salze konnte der Standweg der Bohrer im Vergleich zur überflutenden Kühlschmierung mit KSS-Emulsion um über 60 % erhöht werden. Problematisch bleibt die Entfernung der entstehenden Späne aus dem Arbeitsbereich der Maschine, hier kommen für eine Serienfertigung nur speziell für die Trockenbearbeitung konstruierte Maschinen in Betracht. Weiterhin ist der Einsatzspezieller Bohrer erforderlich, deren zusätzliche Kosten berücksichtigt werden müssen. Auf den gefertigten Werkstücken konnten beim Test der Lösungen Rückstände festgestellt werden. Diese ließen sich leicht mit Wasser entfernen, eine Weiterverwendung der Teile ohne Reinigung ist aber nur bedingt möglich.


Quellen:

[1] König, W.: Fertigungsverfahren, Band 1, Drehen, Fräsen, Bohren, 3. Auflage, VDI Verlag, Düsseldorf 1990

[2] Hockauf, W., Pröll, H., Bäuerle, R., Eisenblätter, G., Rehbein, W.: Trockenbohren und - gewinden von hochlegierten Stählen und Aluminiumgußlegierungen, Trockenbearbeitung prismatischer Teile, VDI-Berichte 1375, VDI Verlag, Düsseldorf 1998
[3] Bruder, B.: Standzeituntersuchungen beim Bohren mit Minimalmengenkühlschmierung, Studienarbeit, Institut für Werkzeugmaschinen, Stuttgart 1996
[4] Liebherr, R.: Untersuchung des Standzeitverhaltens von Wendelbohrern beim Einsatz von Minimalmengenkühlschmierung, Studienarbeit, Institut für Werkzeugmaschinen, Stuttgart 1996
[5] Mang, T.: Die Schmierung in der Metallbearbeitung, Vogel-Verlag, Würzburg 1983
[6] Klocke, F., Lung, D., Eisenblätter, G., Müller-Hummel, P., Pröll, H., Rehbein, W.: Minimal mengenkühlschmierung - Systeme, Medien, Einsatzmöglichkeiten, Trockenbearbeitung prismatischer Teile, VDI-Berichte 1375, VDI Verlag, Düsseldorf 1998
*Quelle: IfW Stuttgart

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